Nachdem Boris Pistorius am Donnerstag als neuer deutscher Verteidigungsminister vereidigt wurde, äußerten mehrere Politiker, darunter auch einige aus der Partei von Bundeskanzler Olaf Scholz, ihre Wut darüber, dass die Bundesregierung wieder ein mehrheitlich männliches Kabinett sein wird.

Mit Pistorius als Nachfolger der scheidenden Christine Lambrecht, deren Amtszeit im Verteidigungsministerium von PR-Desastern und Inkompetenz geprägt war, wird die Zusammensetzung der Bundesregierung männerlastig sein – 9 Männer zu 7 Frauen.

Damit wird vorübergehend ein Versprechen des damaligen Vizekanzlers Scholz aus dem Jahr 2020 konterkariert, der getwittert hatte: „Ich gebe hier und heute das Versprechen ab: Mindestens die Hälfte des Kabinetts, das ich als Bundeskanzler führe, besteht aus Frauen!“

Der gesunde Menschenverstand legt nahe, dass Kompetenz Vorrang vor Geschlechterquoten haben sollte, besonders in Krisenzeiten, und Scholz glaubt, dass sein neuer Mann für die Verteidigung die „Erfahrung, Kompetenz und Durchsetzungskraft“ hat, die nötig sind, um „die richtige Person für die Bundeswehr in dieser entscheidenden Zeit zu sein.“

Andere Politiker sind jedoch anderer Meinung und sehen in der Entscheidung von Scholz, einen Mann zu berufen, einen Bruch seines Wahlversprechens zur Gleichstellung der Geschlechter.

Maria Noichl, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (ASF) und Mitglied der Scholz-SPD, forderte: „Fifty-fifty muss weiter gelten. Dafür steht die SPD.“

Die Linken-Abgeordnete Emilia Fester von den deutschen Grünen twitterte am Dienstag: Hat der Kanzler Angst vor mehr kompetenten Frauen an seinem Kabinettstisch? Schade!“

Nyke Slawik, Abgeordnete der Transgender-Grünen, kritisierte, dass „mehrere hochqualifizierte Frauen für die Stelle in Frage kamen“, Scholz sich aber für Pistorius entschied: „Es ist eine Schande, dass die Kanzlerin und die SPD ihr selbst gestecktes Ziel aufgegeben haben: Parität im Kabinett.“

Sven-Christian Kindler, ebenfalls von den Grünen, witzelte: „Parität in Führungspositionen ist kein ’nice thing to have‘. Sie sollte im Jahr 2023 eine Selbstverständlichkeit sein.“ Der Co-Vorsitzende seiner Partei, Omid Nouripour, fügte indes hinzu: „Wir Grüne werden immer unseren Beitrag zur Parität leisten – auch im Kabinett.“

Am Mittwoch wurde Regierungssprecher Wolfgang Büchner in der deutschen Boulevardzeitung „Bild“ zitiert und betonte, es sei eine „gute und effektive“ Personalentscheidung getroffen worden. Er spielte aber auch auf die Idee an, dass die Geschlechterparität im Kabinett wiederhergestellt werden müsse.

Die deutsche Boulevardzeitung hob jedoch hervor, dass kein einziger männlicher Minister im Kabinett zu Protokoll geben wollte, dass er bereit wäre, seinen Posten einer ebenso qualifizierten Frau zur Verfügung zu stellen.

Pistorius wird bald die wenig beneidenswerte Aufgabe haben, das Image seines Landes bei den westlichen Verbündeten zu verbessern, wenn er die Leitung der kränkelnden Bundeswehr übernimmt. Zu seinen Aufgaben gehört es, die Sicherheitspolitik des Landes zu überarbeiten, aber er muss sich auch den internationalen Forderungen stellen, die Entsendung von schweren Kampfpanzern nach Kiew zu genehmigen, was der Bundeskanzler bisher abgelehnt hat.